Weltweit gibt es hunderte verschiedene Fliegenpilz-Arten. 47 davon können bisher eindeutig in essbar, ungenießbar, psychoaktiv, giftig und tödlich unterteilt werden. Es gibt also viele verschiedene Amanita-Arten und längst nicht jede Sorte des sogenannten Wulstlings ist für die Mikrodosierung geeignet. Welche kann man aber bedenkenlos verzehren- und wie giftig ist der Fliegenpilz denn wirklich?
Die große Vielfalt der Fliegenpilze
Der Fliegenpilz ist in den Wäldern der nördlichen gemäßigten Breiten und in den borealen Wäldern der ganzen Welt heimisch und hat sich inzwischen auch in der südlichen Hemisphäre in Australien, Neuseeland, Südafrika und Südamerika erfolgreich ausgebreitet.
Amanita-Pilze entwickelten sich übrigens vor mehr als 3 Millionen Jahren in Sibirien und Beringia.
Genetische Untersuchungen an Fliegenpilzen aus Nordamerika, Mexiko, Europa und Russland ergaben, dass es sich nicht um eine einzige Art handelt, sondern um mindestens acht. Darüber hinaus kamen einige Arten in ein und demselben geografischen Gebiet vor. Zum Beispiel wurden drei Arten in Alaska gefunden, aber eine davon wurde von den anderen getrennt, weil sie nur in den Bergen wächst. Drei Arten fand man ausschließlich auf der Insel Santa Cruz in der Nähe von Santa Barbara. Die aktuellen Beobachtungen deuten also darauf hin, dass die verschiedenen Arten an unterschiedliche Umgebungen und Wirtsarten angepasst sind. Gegenwärtig umfasst die Gattung Amanita etwa 500 Arten, aber die Genetiker gehen davon aus, dass die Gesamtzahl auf rund 1.000 ansteigen könnte, sobald weitere Amanita-Arten identifiziert und genauer untersucht werden.
Variabilität des Fliegenpilzes
Fast alle der etwa 500 Pilzarten der Gattung Amanita sind Ektomykorrhizen, d. h. sie gehen zwangsläufig symbiotische Beziehungen mit den Wurzeln von Laub- und Nadelbäumen ein. Die Pilze nehmen über Mykorrhiza-Brücken Nährstoffe auf und geben im Gegenzug Nährstoffe aus dem Boden ab.
Fliegenpilze wachsen sowohl als Einzelgänger als auch in Strängen, sprich Gruppen, am liebsten siedeln sie sich an den Wurzelgeflechten von Fichten und Tannen an. Es gibt sie in der so typischen Farbgebung mit einer tiefroten Kappe, die mit weißen Schuppen oder Warzen gesprenkelt ist. Andere sind tief orange, fast bronzefarben. Und in tieferen Lagen findet man auch einige mit gelben Kappen. Fliegenpilze präsentieren sich also in verschiedenen Rottönen, in einem rötlichen Orange, deutlich gelb oder sogar fast ganz weiß.
Die historische Anwendung von Amanita
Der Fliegenpilz ist die Ikone unter den Pilzen, der bekannteste auf der ganzen Welt, denn er wird seit Tausenden von Jahren für eine Vielzahl von Zwecken verwendet. Felszeichnungen in Algerien, die vor über 5.000 Jahren entstanden, zeigen Priester, die Fliegenpilze verwenden.
Seit Jahrtausenden benutzen Schamanen und Priester den Fliegenpilz also, um in Trance zu fallen, Visionen zu erleben und göttliche Führung zu erlangen. Die Berserker-Krieger der Wikinger konsumierten ihn vor dem Kampf, um in einen Zustand der Euphorie zu fallen und gleichgültig gegenüber Schmerzen zu werden. Schriftsteller nahmen und nehmen ihn gerne, um die Konzentration zu steigern und Inspiration zu erhalten.
Wie giftig ist der Fliegenpilz wirklich?
Wie wir bereits wissen, hängt die Antwort auf diese Frage in erster Linie davon ab, um welche Amanita-Art es sich handelt. Es gibt einige essbare Fliegenpilze, andere sind ungenießbar oder giftig, einzelne sogar tödlich.
Allgemein wurde der Fliegenpilz lange als generell giftig und psychoaktiv eingestuft. Er synthetisiert Ibotensäure und Muscimol, die in größeren Mengen sowohl giftig als auch psychoaktiv wirken können. Zu den Symptomen einer Vergiftung gehören Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Halluzinationen, unwillkürliche Bewegungen, Delirium und Krampfanfälle. Hier gilt also ganz klar der bekannte Spruch: "Die Menge macht das Gift!"
Allerdings kommt es nicht nur darauf an, wie viel Amanita Muscaria man zu sich nimmt, sondern auch in welcher Form. Denn von dem rohen, frisch gepflückten Fliegenpilz sollte man definitiv nicht essen. Erst durch den Trocknungsprozess, die sogenannte Decarboxylierung, wandelt sich die unverträgliche Ibotensöure in Muscimol um. Nach einer Ruhezeit von ca. zwei Monaten im Anschluss an die Trocknung ist dieser Umwandlungsprozess abgeschlossen. Danach kann Amanita Muscaria in sehr geringen Mengen eingenommen werden, um z.B. körperliche und psychische Beschwerden zu reduzieren. Man nennt diese Art der Einnahme Mikrodosierung.
Es ist jedoch Vorsicht geboten: Man sollte sich wirklich recht gut mit den Erkennungsmerkmalen des Fliegenpilzes auskennen oder getrockneten Fliegenpilz bei zuverlässigen Quellen kaufen, um gesundheitliche Probleme oder gar Vergiftungen auszuschließen.
Haben alle acht Amanita-Arten die gleiche chemische Zusammensetzung?
Nun, das kann man aktuell noch nicht mit Sicherheit sagen.
Klar ist jedoch: Die tödlich giftigen Arten synthetisieren Amanitin, ein zyklisches Protein, das die Nieren und die Leber zerstört. Zwei tödliche Arten wurden bereits im Westen Nordamerikas identifiziert. Der sogenannte “ Zerstörungs-Engel" (Amanita bisporigera), wurde in z.B. Colorado bereits neunmal als tödlich nachgewiesen. Im Englischen “Todeskappe” (Amanita phalloides) genannt ist der grüne Knollenblätterpilz wohl die berüchtigtste Amanita-Art, denn sie tötet mehr Menschen als jede andere. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Pilz um 1938 nach Kalifornien eingeschleppt wurde. Dies könnte durch die Wurzeln von Korkeichen geschehen sein, die von Weinproduzenten für die Herstellung von Flaschenkorken eingeführt wurden. Heute ist Amanita phalloides in Kalifornien weit verbreitet und nutzt immer mehr verschiedene Wirtsbaumarten. Die Farbe der Kappe variiert wie bei Amanita Muscaria, einige Exemplare weisen also auch eine gelbe Kappe auf. Der hohe Amanitin-Gehalt löst innerhalb weniger Stunden nach dem Verzehr Symptome hervor, die jedoch nach ein bis zwei Tagen abklingen. Leider kehren sie in der folgenden Woche mit voller Wucht zurück. Wenn dann nicht innerhalb der ersten drei Tage ärztliche Hilfe geleistet wird, kann nur noch eine Lebertransplantation die Zersetzung der Leber mit Todesfolge verhindern.
Besonders wichtig ist es also, Fliegenpilz und Knollenblätterpilz unterscheiden zu können
um zu wissen, wie giftig der Fliegenpilz wirklich ist - oder ob er es eben nicht ist!
Besonders nach intensiven Regenfällen im Spätsommer kann man das Auftreten zahlreicher Pilzarten, insbesondere des Fliegenpilzes (wissenschaftlich Amanita muscaria) beobachten. Viele Vergiftungen entstehen durch die Verwechslung von Fliegenpilzen und Knollenblätterpilzen, denn beide haben ein ähnliches Aussehen. Und da der Fliegenpilz auch in der Farbe Gelb auftritt, kann man bei der Bestimmung der Pilzart unter Umständen falsch liegen. Hier ist also besondere Vorsicht geboten!
Fazit
Als giftig mit möglicher Todesfolge wurden bisher nur wenige Amanita-Arten eingestuft und der Fliegenpilz alias Amanita Muscaria gehört definitiv nicht dazu. In manchen Regionen Russlands wird Amanita Muscaria beispielsweise wie ganz normale Speisepilze gekocht oder gebraten als Beilage verzehrt. Von dieser Pilzart könnte man sogar größere Mengen verzehren und hätte „nur“ einen langanhaltenden Rauschzustand mit den üblichen Effekten wie Halluzinationen, Hitzewallungen, Euphorie, möglicherweise auch Übelkeit und Erbrechen zu erwarten. Aber darum geht es bei der Mikrodosierung keineswegs. Man könnte sie viel mehr mit der Homöopathie vergleichen: Die Wirkung entsteht nämlich gerade durch die winzigen Mengen, die man einnimmt. Wie gesagt, der Fliegenpilz muss dafür aber gut getrocknet worden sein. Es ist also empfehlenswert, sich ein paar Stunden mit dem Thema auseinanderzusetzen, bevor man diese tolle Möglichkeit der alternativen Behandlung ausprobiert.
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